Things are changing, there is no doubt about it. Whereas around the turn of the millennium the experimental improvisers focussed on dynamic reduction now they are rediscovering the groove. The music of Franz Hautzinger strongly reflects this development. Using unorthodox embouchure techniques and unique ways of modulating the streams of air, plus amplifying the slightest puff by intense miking inside the horn, the Burgenland-born trumpet player began coaxing flightily breathed low sounds out of his instrument in the 1990s.

The unusual rock jazz sounds he played with his Regenorchester XI at the Saalfelden Jazzfestival 2003 therefore came as a surprise. With the twelfth incarnation of his long-time Regenorchester project (which owes its name “rain orchestra” to the soggy London weather at the first concert) Hautzinger intensified this tendency even more. At the 2006 NEWJazz Meeting, Southwest German Radio’s (SWR) annual festival in Baden-Baden, the band featured Otomo Yoshihide and Christian Fennesz, two luminaries of electronic music and guitarists who can not only create an atmosphere of suspense in silence but also relate to noise and rock idioms. Also part of the project were Luc Ex, former member of the anarcho-jazz punk band The Ex, on electric bass, and Tony Buck, drummer with the Australian ensemble The Necks, who likewise guarantee electrifying pulses.

The rediscovery of the wild fusion years of course ensues from a metalevel: Hautzinger and his Regenorchester XII play a kind of “jazz about jazz”, incorporating quite naturally accomplishments of experimental improvisation or drone and noise experiences into the rock jazz sound. In the piece “Rain Day”, for instance, even mighty walls of sound are built up before the listeners due to fourfold overdubbing. In “Delis” the sounds are distorted and transformed via retuning of the instruments, with Hautzinger delving into microtones, as he also does in “Sand”. Much as it’s close to Miles Davis: it’s a “new electric jazz” created by Regenorchester XII, whose exciting sounds wash away any associations with the patter of London’s continuous rain.

(Reinhard Kager, translated by Friederike Kulcsar)


Discography
Franz Hautzinger’s Regenorchester XII - Town Down 



German Version

Zweifellos ist ein Wandel im Gange. War die experimentelle Improvisationsszene um die Jahrtausendwende ganz auf die Reduktion der Dynamik konzentriert, um aus diesem Reduktionismus paradoxerweise eine Erweiterung des Klangspektrums zu erwirken, so entdeckt sie jetzt wieder den Groove. An Franz Hautzinger lässt sich diese Entwicklung nachvollziehen.

In den 1990er-Jahren hatte der aus dem Burgenland stammende Trompeter damit begonnen, seinem Instrument ungewöhnlich leise Klänge zu entlocken: durch unorthodoxe Anblastechniken, durch eigenwillige Regulation der Luftströme, durch Verstärkung mittels eines im Trichter positionierten Mikrophons. Weshalb er in dieser Zeit auch häufiger auf Festivals neuer Musik anzutreffen war als in Jazzzelten. Auf seinen beiden Solo-CDs „Gomberg“ und „Gomberg II“ hat Hautzinger diese Spieltechniken dann zur Perfektion gebracht.

Um so überraschender waren die ungewohnt rockjazzigen Klänge, die er mit seinem „Regenorchester XI“ beim Saalfeldener Jazzfestival 2003 spielte. Schon der Titel des Projekts, „To Trumpet Is A Lonely Way“, hätte stutzig machen können. Und folgerecht führte die Musik geradewegs in die heroischen siebziger Jahre: Als seien Miles Davis die Töne ein wenig abgerutscht, so klangen manch groovige Passagen, in denen Hautzinger immerhin noch mit mikrotonalen Elementen auf seiner Vierteltontrompete experimentierte.

Beim alljährlich vom Südwestrundfunk veranstalteten NEWJazz Meeting verstärkte sich diese Tendenz im Jahr 2006 durch ein neu zusammengestelltes „Regenorchester XII“. Mit Otomo Yoshihide und Christian Fennesz wurden zwei internationale Stars der Elektronik-Szene integriert, die auch Gitarre spielen und sowohl Spannung in der Stille als auch Noise und Rock beherrschen. Luc Ex, ehemaliges Mitglied der Anarcho-Jazz-Punk-Band „The Ex“, am E-Bass und Tony Buck, der Drummer der australischen „Necks“, sind gleichfalls Garanten für zündenden Drive.

Die Wiederentdeckung der wilden Fusion-Jahre geht freilich von einer Meta-Ebene aus: Es ist eine Art „Jazz über Jazz“, den Hautzinger und sein „Regenorchester XII“ spielen. Wie selbstverständlich werden die Errungenschaften des experimentellen Improvisierens und die Erfahrungen mit Geräuschklängen in den rockjazzigen Sound integriert. Im Stück „Rain Day“ türmt sich, bedingt durch vierfaches Overdubbing, sogar eine mächtige Geräuschwand vor den Zuhörern auf. In „Delis“ wiederum werden die Klänge durch Umstimmen der Instrumente verfremdet, und Hautzinger selbst bläst, auch in „Sand“, mikrotonale Klänge auf der Vierteltontrompete. Bei aller Nähe zu Miles Davis: Es ist ein „New Electric Jazz“, den dieses „Regenorchester XII“ entwickelt, dessen prickelndes Prasseln Assoziationen zum Londoner Dauerregen rasch verflüchtigen lässt.

(Reinhard Kager)